Formel zwei
Seifenkistenrennen sind Oldshool? Denken viele. Dabei sind die Geräte klimafreundlich, nachhaltig und verbinden Generationen. Also total von heute!
Weißer Schaum quillt aus einer länglichen Dose. Auf dieser steht: Multifunktionsschaum. Dieser wird feinsäuberlich mit einem Lappen auf dem Rennwagen verteilt damit der Lack glänzt. Die anderen vom Rennteam feilen noch etwas an den Achsen herum. Der Chef-Mechaniker checkt noch die Lenkung. Und der Motor? Gibt keinen Ton von sich. Nein nicht, weil er kaputt ist, sondern weil der Rennwagen eine Seifenkiste ist, und die braucht keinen röhrenden Motor. Nur etwas Gefälle.
Die Rennen werden auf abschüssigen Strecken gefahren in der Regel warten dort 25-50 motorlose Rennkisten samt Rennfahrer und Teams. Sie warten auf den Start. Doch bevor es losgeht muss der Pilot mit seinem Flitzer zur technischen Abnahme. Dabei werden Lenkung und Bremse, die Sicherheit des Fahrwerks und die Karosserie geprüft. Je nach Rennklasse wird auch noch mal nachgesehen ob die vorgegebenen Bauvorschriften sowie das zulässige Gewicht der Seifenkiste eingehalten wird, „Wie bei der Formel 1“ damit die Chancengleichheit besteht und der Spaß bleibt.
Das zieht sich durch alle Altersklassen der eingeschworenen Gemeinschaft.
Somit müssen alle Seifenkisten samt Fahrer auf die Waage. Je näher man dem zulässigen Startgewicht kommt desto mehr Schwung bekommt man auf der Strecke. Und so legt man zusätzliche Gewichte hinten oder vorne in die Rennkiste.
Die Senior und Elite XL Klasse für Fortgeschrittene Generationen fangen bereits mit elf bzw. zwölf Jahren an und gehen bis 18 Jahre. Das Maximum an Gewicht liegt bei 113 bzw. 150 kg, Seifenkiste inklusive Fahrer. Diese Seifenkisten sehen in den Klassen wie Zigarren aus sind nicht aus Holz, sondern aus glasfaserverstärktem Kunststoff oder Carbon. Sie werden liegend gefahren. Seifenkistenrennen ist ein Kindersport natürlich gibt es auch für Erwachsene eine Klasse.
Aber in der Regel schrauben die Erwachsenen und die Kinder fahren.
Bei Meisterschaften müssen die Fahrer ihre Räder auslosen. Auf eigenen Rädern starten geht nicht, jeder bekommt einen Radsatz aus dem Räderpool damit die Chancengleichheit gewahrt ist.
Am Ende soll das fahrerische Können entscheiden, und wie gut jedes einzelne Rennteam zusammenarbeitet. Einer der Väter meint: "Meine Frau ist der Motivator in unserem Team, ich der Renningenieur und unser Sohn der Rennfahrer".
Andere fahren in die Berge zum Wandern, wir fahren zum Seifenkistenrennen. Für uns ist das ein echter Familiensport. Gestartet wird von einer gut 1 m hohen Rampe. Zwei Seifenkisten sausen dann auf zwei Bahnen nebeneinander über die Rennpiste. Die Rennpisten sind zwischen 200-500 m lang je nach Länge und Gefälle erreichen die Seifenkisten im Zielbereich dann eine Geschwindigkeit von bis zu 50 km/h. Helm ist Pflicht.
Die Stimmung bei einem Seifenkistenrennen ist immer familiär und einfach toll. Das ist auch bei Finalläufen um die deutsche Meisterschaft nicht anders. Vor gut 30 Jahren gab es allein in Baden-Württemberg 40-50 Seifenkistenrennen zwischen April und Oktober.
Mittlerweile sind es 8-9 Wertungsläufe in Baden-Württemberg pro Jahr.
Eine Seifenkiste entsteht nicht über Nacht. Hier wird über den Winter an Abenden und Wochenenden an einer neuen Kiste geschraubt.
Seifenkistensport ist klimafreundlich, nachhaltig und vereint Generationen. Welcher Sport kann das von sich behaupten?
In den 1970 er Jahren verfolgten noch 10.000 Besucher Seifenkistenrennen. Heute sind es je nach Rennen zwischen 200-2000 Besucher. An einem Wochenende mit Seifenkistenrennen sind immer die ganzen Teams im Einsatz. Ein Teammitglied schaut nach der Technik, Mama sorgt für das leibliche Wohl, Opa macht die Fotos, Oma dient als Motivator und die Kinder haben Spaß.
Autor: Robert Brandelik
Seifenkistenverband Baden Württemberg e.V.